Mit der Beantragung eines Pflegegrades haben pflegebedürftige Menschen die Möglichkeit, Pflegegeld und Sachleistungen durch die Pflegekasse zu beziehen. Diese Pflegeleistungen sind davon abhängig, welcher Pflegegrad der pflegebedürftigen Person zugeordnet wurde. Mit der Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II im Jahr 2017 wurden die ehemaligen Pflegestufen in Pflegegrade umgewandelt. Seitdem ersetzen die Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 die ehemaligen Pflegestufen 0 bis 3.
So funktioniert die Einstufung in einen Pflegegrad
Der Pflegegrad beschreibt in diesem Zusammenhang das Maß der Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Dabei werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen anhand eines Punktesystems erfasst. Im persönlichen Gespräch mit einem Gutachter des MD (Medizinischer Dienst, früher: MDK) bei gesetzlich oder mit der MEDICPROOF GmbH bei privat Versicherten beleuchtet man folgende Bereiche:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Je nachdem, wie viel Unterstützung die pflegebedürftige Person in ihrem Alltag benötigt, werden entsprechende Punkte vergeben und addiert. Je umfangreicher der Hilfsbedarf des Pflegebedürftigen und die damit verbundenen Pflege- und Betreuungsleistungen von Angehörigen, desto höher die Punktzahl. Daraus ergibt sich die Einordnung in einen der fünf Pflegegrade. Im Anschluss entscheidet die Pflegekasse des Antragstellers über die Genehmigung eines Pflegegrades und den damit verbundenen Geld- und Sachleistungen.
Pflegeleistungen stehen Ihnen in der ambulanten Pflege zu
In der häuslichen Pflege erhalten Pflegebedürftige Pflegegeld, Pflegesachleistungen und den Entlastungsbetrag. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Pflegehilfsmittel, Verhinderungspflege, Tages- und Nachtpflege sowie einen Zuschuss bei Umbaumaßnahmen des Wohnbereichs in Anspruch zu nehmen. Ein Überblick:
Pflegegeld in der ambulanten Pflege
- Pflegegrad 1: –
- Pflegegrad 2: monatlich 316 €
- Pflegegrad 3: monatlich 545 €
- Pflegegrad 4: monatlich 728 €
- Pflegegrad 5: monatlich 901 €
Anspruch auf Pflegegeld haben Pflegebedürftige, die beispielsweise von Angehörigen oder Ehrenamtlichen versorgt und gepflegt werden. Eine Kombination mit den ambulanten Pflegesachleistungen ist möglich, wenn zusätzlich ein ambulanter Pflegedienst in Anspruch genommen wird.
Pflegesachleistungen bei häuslicher Pflege
- Pflegegrad 1: –
- Pflegegrad 2: monatlich 724 €
- Pflegegrad 3: monatlich 1.363 €
- Pflegegrad 4: monatlich 1.693 €
- Pflegegrad 5: monatlich 2.095 €
Nimmt man die Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch, können die ambulanten Pflegesachleistungen mit dem Pflegegeld kombiniert werden. Voraussetzung ist die Versorgung des Pflegebedürftigen durch Angehörige oder Ehrenamtliche.
Medizinische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel in der häuslichen Pflege
Bereits ab Pflegegrad 1 erhalten Pflegebedürftige bestimmte Pflegehilfsmittel kostenfrei.
Zu den sogenannten zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmittel zählen:
- Einmalhandschuhe
- Fingerlinge
- Schutzschürzen
- Flächendesinfektionsmittel
- Handdesinfektionsmittel
- Mundschutz
- Bettschutzeinlagen
Monatlich werden bis zu 40 Euro von der Pflegekasse für die zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmittel erstattet. Für die Kostenübernahme der Pflegehilfsmittel müssen diese einmalig bei der Pflegekasse beantragt werden. Ein Rezept des Arztes ist nicht erforderlich.
Darüber hinaus erhalten Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 Zuschüsse für Anschluss und Betrieb eines Hausnotrufsystems (monatlich 25,50 Euro).
Weitere medizinische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel sind im jeweiligen Hilfsmittelverzeichnis & Hilfsmittelkatalog der Krankenversicherung gelistet.
Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro
Pflegebedürftige, die in häuslicher Pflege versorgt werden, haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Dieser kann beispielsweise zur Finanzierung einer teilstationären Tages- oder Nachtpflege, einer Kurzzeitpflege oder für Leistungen von ambulanten Pflegediensten verwendet werden. Weitere Möglichkeiten sind unter anderem
- die Teilnahme an Betreuungsgruppen,
- die Bezahlung eines Alltagsbegleiters oder einer Einkaufshilfe,
- oder die Bezahlung für haushaltsnahe Dienstleistungen.
Um den Entlastungsbetrag zu erhalten, ist das Einreichen von Belegen und Rechnungen von anerkannten Leistungserbringern erforderlich. Somit wird der Entlastungsbeitrag nicht im Voraus ausbezahlt. Die Abrechnung erfolgt nach tatsächlich erbrachten Leistungen.
Wurde der Betrag dennoch in einem Kalendermonat nicht (vollständig) verbraucht, kann der verbliebene Betrag in die darauffolgenden Kalendermonate übertragen werden. Am Ende eines Kalenderjahres ist es möglich, den jeweiligen Betrag bis zum Ende des darauffolgenden Kalenderhalbjahres zu verwenden.
Verhinderungspflege
Die Verhinderungspflege ist eine Vertretung für pflegende Angehörige in der häuslichen Pflege. Sie findet also weiterhin in der häuslichen Umgebung statt. Pflegende Angehörige, die beispielsweise vorrübergehend verreist oder erkrankt sind, können die Dienste eines ambulanten Pflegedienstes beanspruchen oder es springen Verwandte oder Freunde stellvertretend für die pflegende Person ein. Hierzu erhalten Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 einen Kostenzuschuss in Höhe von 1.612 Euro pro Jahr höchstens sechs Wochen.
Kurzzeitpflege
Die Kurzzeitpflege beschreibt einen vorübergehenden Aufenthalt in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Sie ermöglicht pflegenden Angehörigen eine Auszeit vom Pflegealltag oder wird oft übergangsweise im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt in Anspruch genommen. Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 erhalten 1.774 Euro für Kurzzeitpflege bis zu acht Wochen. Personen mit Pflegegrad 1 haben die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro anrechnen zu lassen. Auch Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können zusätzlich den Entlastungsbetrag für Leistungen der Kurzzeitpflege nutzen.
Zusätzliche Pflegeleistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen
In einer Pflege-Wohngemeinschaft leben Menschen zusammen, die auf Versorgung und Unterstützung im Alltag angewiesen sind. Wer in einer solchen ambulant betreuten Pflege-Wohngemeinschaft lebt und versorgt wird, erhält einen sogenannten Wohngruppenzuschlag. Dieser wird bereits ab Pflegegrad 1 monatlich in einer Höhe von 214 Euro ausgezahlt.
Zur Gestaltung der Räumlichkeiten zahlt die Pflegeversicherung bei der Gründung der Wohngemeinschaft einen Betrag von 2.500 Euro pro Person oder 10.000 Euro pro Wohngruppe. Werden technische Hilfsmittel benötigt oder sind wohnumfeldverbessernde Maßnahmen erforderlich, können weitere Leistungen in Anspruch genommen werden.
Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
Mit dem Ziel, die Pflege im gewohnten Wohnumfeld zu ermöglichen, zu erleichtern oder die möglichst selbstständige Lebensführung einer pflegebedürftigen Person zu fördern, unterstützt die Pflegeversicherung Betroffene der Pflegegrade 1 bis 5 mit einem Zuschuss von bis zu 4.000 Euro zur Realisierung bestimmter Anpassungs- und Umbaumaßnahmen.
Tages- und Nachtpflege
Die Tages- und Nachtpflege ermöglicht es pflegenden Angehörigen, sich zu erholen, um Beruf, Familie und Pflege besser miteinander zu vereinbaren. Für Leistungen der Tages- und Nachtpflege steht Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 je nach Einstufung ein monatlicher finanzieller Zuschuss zwischen 724 und 2.095 Euro zu. Personen mit Pflegegrad 1 können den Entlastungsbeitrag dafür einsetzen.
Bei der Tagespflege werden betreuungsbedürftige Menschen stunden- oder tageweise in einer Pflegeeinrichtung versorgt. Hier erhalten sie Leistungen der Grundpflege (z. B. Hilfe beim Toilettengang). Darüber hinaus können sie an Mahlzeiten und Freizeitbeschäftigungen teilnehmen.
Bei der Nachtpflege hingegen findet die Betreuung durch einen Mitarbeiter eines Pflegedienstes entweder bei dem Pflegebedürftigen zu Hause oder in einer stationären Einrichtung statt.
Pflegekurse, kostenfreie Beratungen, Beratungsbesuche
Angehörigen und ehrenamtlichen Pflegepersonen, die sich um eine pflegebedürftige Person kümmern, sowie den Pflegebedürftigen selbst stehen kostenlose Beratungsbesuche und Pflegekurse zu.
In den kostenlosen Pflegekursen der Pflegekassen (§ 45 SGB XI) können Pflegende kostenfrei Pflegewissen erwerben. Hier werden Themen wie praktische Pflege, Selbstpflege, Recht und Soziales sowie Hygiene behandelt. Darüber hinaus besteht das Angebot von speziellen Demenzschulungen und Online-Kursen.
Bei der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI steht die umfassende Information und Organisation der Pflege- und Leistungsansprüche im Mittelpunkt. Weil ein Pflegefall oftmals unerwartet eintritt, fühlen sich die Betroffenen oftmals hilf- und orientierungslos. Im Rahmen einer individuellen Beratung erhalten Pflegebedürftige und deren Angehörige Informationen über die verschiedenen Leistungs- und Hilfsangebote in der Pflege.
Pflegebedürftige, die von Angehörigen in der häuslichen Umgebung gepflegt werden und Pflegegeld erhalten, müssen in regelmäßigen Abständen eine Pflegeberatung wahrnehmen. Diese Beratungseinsätze sind nach § 37 Abs. 3 SGBXI geregelt und ab Pflegegrad 2 verpflichtend: Wer die Beratungsgespräche nicht regelmäßig durchführt, muss mit einer Kürzung oder gar Streichung des Pflegegelds durch die Pflegekasse rechnen.
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