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Pflegegrad berechnen: Die 5 Pflegegrade im Überblick

Ob Schlaganfall, Herzinfarkt, ein Unfall im Haushalt oder eine beginnende Demenz: Wenn ein Mensch pflegebedürftig wird, müssen wichtige Entscheidungen getroffen und neue Strukturen geschaffen werden.

Von Nina Röth, Privatinstitut für Transparenz im Gesundheitswesen GmbH
09. Dezember 2022
Ältere Frau mit Pflegegrad lässt sich umarmen
Pflegegrade sind 5 Einstufungskategorien (Pflegegrad 1-5) für pflegebedürftige Menschen. ©prostooleh | Freepik.com

Um Unterstützung sowie Pflegeleistungen in Form von Pflegegeld und Sachleistungen von der Pflegekrasse zu erhalten, ist die Einstufung in einen Pflegegrad erforderlich. 

Ist eine Person körperlich, kognitiv oder psychisch beeinträchtigt und auf Unterstützung bzw. Pflege angewiesen, besteht die Möglichkeit, Pflegegeld und Sachleistungen durch die Pflegekasse zu beziehen. Voraussetzung ist die Einstufung in einen Pflegegrad.

Seit der Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II im Jahr 2017 ersetzen die fünf Pflegegrade die ehemaligen Pflegestufen 0 bis 3. Die Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 beschreiben den Grad der Beeinträchtigung der Selbständigkeit einer Person. Je höher die Beeinträchtigung, desto höher der Pflegegrad. Folglich sind auch die Pflegeleistungen umfangreicher.

Punktesystem: So wird der Pflegegrad berechnet

Die Einstufung in einen Pflegegrad basiert auf einem Punktesystem. Im persönlichen Gespräch mit einem Gutachter des MD (Medizinischer Dienst, früher: MDK) bei gesetzlich oder mit der MEDICPROOF GmbH bei privat Versicherten beleuchtet man verschiedene Bereiche des alltäglichen Lebens.

Je nach Beeinträchtigung und Umfang der benötigten Hilfeleistung werden Punkte vergeben.  Aus der ermittelten Punktzahl ergibt sich schließlich der Pflegegrad:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit (12,5 bis 27 Punkte)
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit (27 bis 47,5 Punkte)
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit (47,5 bis 70 Punkte)
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit (70 bis 90 Punkte)
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (90 bis 100 Punkte) 

Module der Pflegebegutachtung zur Berechnung des Pflegegrads

Um den Pflegegrad zu ermitteln, gibt es Fragen aus sechs verschiedenen Lebensbereichen, die Aufschluss darüber geben, inwieweit eine Person in ihrem Alltag beeinträchtigt und auf Unterstützung angewiesen ist. Unter anderem werden folgende Themen bei der Pflegebegutachtung besprochen:

  • Mobilität: Wie selbstständig gelingt die Fortbewegung? Ist es möglich, die Körperhaltung ohne Unterstützung zu ändern?
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Ist der/die Betroffene in der Lage, sich zeitlich und räumlich zu orientieren? Kann er/sie selbstständig Entscheidungen treffen, Informationen verarbeiten und Gespräche führen?
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Fühlt sich der/die Betroffene häufiger antriebslos? Leidet er/sie unter depressiven Verstimmungen, Wahnvorstellungen und/oder nächtlicher Unruhe? Benötigt er/sie Unterstützung aufgrund seiner/ihrer Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen?
  • Selbstversorgung: Kann sich der/die Betroffene selbst ankleiden, ernähren, waschen und pflegen?
  • Bewältigung von mit Krankheit verbundener Probleme: Welche Unterstützung benötigt der/die Betroffene beim Umgang mit Krankheiten und Behandlungen, wie beispielsweise bei Dialyse, Medikamenteneinnahme, Wundversorgung, Arztbesuchen, Therapiemaßnahmen?
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Kann der/die Betroffene seinen/ihren Tagesablauf selbstständig planen und soziale Kontakte pflegen?

Einordnung in einen Pflegegrad: Modulberechnung nach Prozenten

Bei der Berechnung des Pflegegrads findet eine Gewichtung der verschiedenen Bereiche statt: Denn die einzelnen Module werden nicht einfach addiert.

Der Anteil der Gesamtpunktzahl ergibt sich aus der folgenden Zusammensetzung:

  • 10 % – Mobilität
  • 15 % – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • 15 % – Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • 40 % – Selbstversorgung
  • 20 % – Bewältigung von mit Krankheit verbundener Probleme
  • 15 % – Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Mithilfe dieser Gewichtung lässt sich sicherstellen, dass der Bereich der Selbstversorgung am stärksten in die Bewertung einfließt.

Pflegebedürftigkeit & Demenz

Seit der Pflegereform im Jahr 2017 ersetzen die fünf Pflegegrade die ehemaligen Pflegestufen 0 bis 3. Damals waren es vor allem die körperlichen Einschränkungen von pflegebedürftigen Personen, die zur Beurteilung der Pflegestufe herangezogen wurden.  Heute fließen auch kognitive und psychische Beeinträchtigungen in die Bewertung ein.

Wer an Demenz erkrankt, erfährt oftmals eine schleichend voranschreitende Degeneration des Gehirns. Betroffene sind dabei nicht zwangsläufig in ihrer Mobilität eingeschränkt.

Während vor der Pflegereform also ausschließlich Antragsteller mit körperlichen Defiziten von den Leistungen der Pflegeversicherung profitiert haben, fanden Demenzerkrankte, die sich grundsätzlich noch selbst versorgen konnten, keine Berücksichtigung.

Mit der Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II werden nun auch Demenzkranke, aber auch geistige behinderte und psychisch kranke Menschen berücksichtigt. Betroffene erhalten somit ebenfalls Geld- und Sachleistungen von der Pflegekasse.

Falscher Pflegegrad? So können Sie Widerspruch einlegen oder einen Antrag auf Höherstufung stellen

Es ist möglich, Widerspruch einzulegen, wenn der Antrag auf Pflegeleistungen abgelehnt wurde oder Betroffene das Gefühl haben, zu niedrig eingestuft worden zu sein. Ein solcher Widerspruch muss innerhalb von vier Wochen nach Ablehnung bzw. Einstufungsbescheid des Pflegegrades realisiert werden. Darum ist es wichtig, schnell zu reagieren und den Widerspruch schriftlich bei der Pflegekasse einzureichen.

Zunächst ist es aber empfehlenswert, das Gutachten genauer unter die Lupe zu nehmen: Wurden bestimmte Sachverhalte gegebenenfalls nicht richtig erfasst? Könnten Arztberichte, Atteste oder Entlassungsberichte dabei behilflich sein, den Widerspruch zu bekräftigen? Hilfreich ist auch die Kontaktaufnahme mit einem ambulanten Pflegedienst, der die Entscheidung des Gutachters besser einschätzen kann.

Im Übrigen ist es möglich, einen Antrag auf Höherstufung zu stellen, wenn der aktuelle Pflegegrad nicht mehr dem Grad der Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person entspricht und mehr Unterstützung benötigt wird. Hierzu ist zunächst ein formloser schriftlicher Antrag ausreichend. Im Anschluss findet wieder ein Gespräch mit einem Gutachter statt, der den Pflegeanspruch erneut prüft.

Weitere Informationen rund um das Thema Pflegebedürftigkeit und die Frage „Pflegefall – Was tun?“ finden Sie im großen Ratgeberbereich des Deutschen Seniorenportals.

Von Nina Röth, Privatinstitut für Transparenz im Gesundheitswesen GmbH

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